Kunststoff ist als Verpackungsmaterial oder als Teil vieler Produkte unseres täglichen Lebens allgegenwärtig. Aufgrund der stetig steigenden globalen Kunststoffproduktion sind Kunststoffe heute jedoch überall in der Umwelt zu finden. Es wird geschätzt, dass jährlich zwischen vier und zwölf Millionen Tonnen Kunststoff in die Meere und Ozeane gelangen [1]. Kunststoffteilchen, die gezielt hergestellt werden, werden als primäre Plastikpartikel bezeichnet. Sie sind Bestandteile von Kosmetikprodukten oder werden in der Forschung und Diagnostik eingesetzt. Durch die Zerkleinerung größerer Kunststoffteile in kleinere Stücke entsteht so genanntes Sekundärplastik, dessen Abbau durch die Einwirkung von Sonne, Wind oder Wasser verursacht wird.
Um das potentielle Risiko von Kunststoffpartikeln in verschiedenen Größen abschätzen zu können, werden Details über die Menge der in die Umwelt freigesetzten Partikel, ihren Ursprung, die zugrunde liegenden Umwandlungs- und Fragmentierungsprozesse sowie die Umweltauswirkungen benötigt [2].
Was ist Nanoplastik?
Nanoplastik sind Partikel auf Polymerbasis (z.B. Polyethylenterephthalat (PET) oder Polystyrol) im Nanometerbereich. Sie werden entweder gezielt für verschiedene Produkte (z.B. medizinische Geräte, Medikamente oder Elektronik) mit einer definierten Größe und Zusammensetzung hergestellt (primäre Nanoplastikpartikel) oder entstehen durch den Abbau größerer Kunststoffartikel (z.B. Flaschen; sekundäres Nanoplastik).
Derzeit gibt es keine offizielle Definition des Begriffs „Nanoplastik“, da es nicht aus einem einheitlichen Material oder einer einheitlichen Zusammensetzung besteht. Die wissenschaftliche Gemeinschaft verwendet folgende größenabhängige Kategorien zur Klassifizierung der verschiedenen Kunststoffpartikelgruppen: Nanoplastik (1nm – 1µm), Mikroplastik (1µm – 1mm), Mesoplastik (1mm – 1cm) und Makroplastik (1cm – 100cm) [3].
Durch die Einwirkung von Sonne, Wind oder Wasser können sich zunächst Partikel im Größenbereich von 1- 5mm (Meso- und Mikroplastik) und anschließend Nanoplastikpartikel bilden [2,4,5].
Nachweis von Nanoplastik
Trotz mehrerer Laborstudien fehlen umfassende Felddaten zur Freisetzung mit Nanopartikeln in die Umwelt [6]. Die Messung von Umweltkonzentrationen von Nanopartikeln stellt für die derzeitigen Analysemethoden eine echte Herausforderung dar. Zunächst müssen die analytischen Nachweismethoden zwischen natürlichen Partikeln und Plastikpartikeln unterscheiden. Zusätzlich können reale Konzentrationen von Nanoplastik sehr niedrig sein, mitunter bis zu Nanogramm pro Einheit mit Partikelgrößen zwischen 1-1000 nm. Mit den bestehenden Detektionsmethoden für Nanoplastik sind jedoch sowohl die qualitative Bestimmung als auch die Mengen schwer zu bestimmen (siehe Querschnittsartikel – Nanomaterialien in der Umwelt nachweisen) [5,7]. Daher werden Berechnungsmodelle auf der Basis von Mikroplastikdaten verwendet, um die Anzahl und die Konzentration von Nanoplastik in der Umwelt abzuschätzen. Unter Verwendung von Mikroplastikdaten wurde der Gesamtmassenbeitrag von Nanoplastik zu allen Kunststoffpartikeln als gering vorausgesagt. Mit 1 Mikroplastikpartikel pro 100.000.000.000.000.000 (1017) Nanoplastikpartikel übertrifft die Anzahl der Nanoplastikpartikel jedoch deutlich die der Mikroplastikpartikel [4,8].
Umweltverhalten von Nanoplastik und seine Auswirkungen auf das Ökosystem
Zurzeit sind die Entstehung und das Verhalten von Nanoplastikpartikeln in der Umwelt wenig untersucht (dazu zählen auch die Transport- und Umwandlungsprozesse). Dies liegt an den vielfältigen Quellen von Nanopartikeln, den unterschiedlichen physikalischen Eigenschaften, den verschiedenen Arten und Zeiträumen des Abbaus sowie den unterschiedlichen Transportwegen [7,9,10]. Sicher ist, dass die Zahl der Nano- und Mikroplastikteilchen aufgrund der großen Menge an großen Plastikrückständen in der Umwelt zunehmen wird.
Nanoplastikpartikel durchlaufen Umwandlungsprozesse in der Umwelt, wie z.B. die Zusammenlagerung mit anderen Partikeln, wodurch sie sich in den verschiedenen Umweltbereichen anreichern. Ebenso sind sie in der Lage, unerwünschte Chemikalien wie Flammschutzmittel oder Weichmacher zu binden und später in die Umwelt abzugeben. Bezogen auf die Gesamtexposition ist der Anteil der übertragenen Chemikalien, die an Nano- und Mikroplastik binden, für Umweltorganismen gering und erhöht das Risiko für diese Organismen nicht [11]. Nanoplastikpartikel per se können auch mit verschiedenen Umweltorganismen interagieren. Die meisten Forschungsprojekte wurden mit primären Polystyrol-Nanopartikeln in Kurzzeitstudien durchgeführt. Es wurde festgestellt, dass sich die Nanoplastikteilchen an den Oberflächen der Organismen anlagern und in den Darm aufgenommen werden, was möglicherweise zu einer Funktionsbeeinträchtigung führen kann. Schwerwiegende Effekte wurden nicht beobachtet, jedoch subletale Effekte nach längeren Expositionszeiten. Bei einigen Organismen unterscheiden sich die Wirkungen von Nanoplastikpartikel zu Mikroplastikpartikel [6].
Aktuelle Schätzungen gehen davon aus, dass die Umweltkonzentrationen von Nanoplastik zu gering sind, um unter realen Umweltbedingungen Effekte auszulösen. Da jedoch die Emission von Nanopartikeln in die Umwelt in den nächsten Jahrzehnten deutlich zunehmen wird, sind Langzeitstudien und chronische Expositionswerte für eine umfassende Risikoabschätzung erforderlich [8]. Daher ist es von großer Bedeutung die Freisetzung von Plastik und damit auch die von Nanoplastikpartikeln zu reduzieren und somit die Umweltbelastung zu verringern. Die dafür notwendigen Schritte sind die Reduzierung von unsachgemäß entsorgtem Kunststoffabfall durch die Einrichtung geeigneter Abfallmanagementsysteme auf der ganzen Welt. Darüber hinaus wird der Ersatz oder das Verbot von Einweg-Kunststoffprodukten und Mikrokunststoffen in Konsumgütern dazu beitragen, die Kunststoffbelastung in der Umwelt und damit das Aufkommen von Nanokunststoffen zu reduzieren Auch Strategien zur Entfernung von Kunststoffpartikeln aus der Umwelt sind derzeit in der Entwicklung, aber diese werden nicht auf Nanopartikel anwendbar sein [1,8, 12-16].
Aktuelle Forschungsprojekte im Zusammenhang mit Nanoplastik
Sowohl auf deutscher (BMBF-Initiative Plastik in der Umwelt) als auch auf europäischer Ebene (JPI-Ocean) wurden zahlreiche Förderprogramme ins Leben gerufen, um das Vorkommen von Plastik in der Umwelt und die damit verbundenen Auswirkungen genauer zu untersuchen. So wurden beispielsweise im Projekt WEATHER-MIC von 2016 bis 2018 die ökologischen Auswirkungen von Mikroplastik und deren Fragmentierung in Nanoplastik durch Verwitterungsprozesse untersucht. Die Forscher nutzten die künstliche Verwitterung zur Fragmentierung von Plastikabfällen, um Verteilungsprozesse sowie die Toxizität der resultierenden Plastikpartikel zu untersuchen. Infolgedessen konnten die Forscher zeigen, dass chemische Auswaschungen aus verschiedenen Plastikarten oxidativen Stress auslösen [17].
Im Jahr 2019 ging das deutsche Forschungsschiff „SONNE” auf eine fünfwöchige Expedition, um Plastikpartikel verschiedener Größenbereiche in unterschiedlichen vertikale und horizontalen Bereichen des Pazifischen Ozeans zu sammeln und zu analysieren. Dadurch erhoffen sich die Wissenschaftler ein besseres Verständnis über den Transport und die Umwandlung von Plastikpartikeln.
Ein weiteres ehrgeiziges Projekt, das auf die Entfernung von Plastik aus den Ozeanen abzielt, ist “The Ocean Clean Up”. Durch das Ausnutzen der Wellen wird Plastikmüll gesammelt und anschließenden recycelt. Das Projekt zielt darauf ab, dass „90 % der Plastikverschmutzung aus den Ozeanen entfernt werden können“. Allerdings ist es mit den aktuellen Methoden noch nicht möglich, Nanoplastik abzutrennen. Die Entfernung von Makroplastik aus der Umwelt wird jedoch zukünftig zu weniger Nanoplastikteilchen führen [18].
Die Haltbarkeit von Plastik führt zu einer langfristigen Ansammlung von Kunststoffpartikeln verschiedener Formen und Größen bis in den Nanobereich in der Umwelt. Verlässliche Daten darüber, wie Nanoplastik erzeugt und in der Umwelt verteilt wird, existieren jedoch kaum. Die derzeitigen Analysemethoden sind noch nicht in der Lage, Plastiknanopartikel von nicht-Plastiknanopartikeln zu unterscheiden. Gegenwärtig hat die geschätzte Konzentration von Nanoplastik keine schwerwiegenden Auswirkungen auf Pflanzen und Tiere. In Zukunft müssen Langzeitwirkungen untersucht und die analytischen Methoden zum Nachweis verbessert werden.
Literatur
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