Ein akzeptables Risiko für neue Nanomaterialien wird auf Grundlage eines gesellschaftlichen Konsenses und durch politische Entscheidungen definiert, die auf einer wissenschaftlich fundierten Risikobeurteilung beruhen. Maßnahmen, die Risiken reduzieren oder verhindern sollen, sind Teil von angepassten oder neuen Gesetzen und Bestimmungen, die am Ende eines ausgefeilten Prozesses stehen – dem Risikomanagement. Während und am Ende dieses Prozesses müssen die abgeleiteten Maßnahmen sachgerecht verbreitet und erklärt werden.
Das Risikomanagement von Nanomaterialien ist wesentlicher Bestandteil der Risikoanalyse und basiert direkt auf der Risikobewertung.
Für Nanomaterialien wird häufig die chemische Risikobewertung gewählt. Am Ende einer gründlichen Risikobewertung erreicht man dann den Punkt, an dem eine Entscheidung getroffen werden muss. Ob ein bewertetes Risiko von Nanomaterialien als inakzeptabel, akzeptabel unter gewissen Sicherheitsvorkehrungen oder komplett akzeptabel eingestuft wird, wird in Europa auf Basis nationaler oder europäischer Gesetzgebung entschieden. Seit 2007 wird dies in Europa durch die Chemikalienverordnung REACH der Europäischen Union geregelt. Diese kontrolliert die Produktion und Nutzung chemischer Substanzen und deren möglichen Einfluss auf die menschliche Gesundheit sowie die Umwelt. Diese Verordnung beinhaltet auch Nanomaterialien. Gemanagt und verwaltet wird sie von der Europäischen Chemikalienagentur ECHA.
Letztlich werden die Maßnahmen zur Risikovermeidung im Zusammenhang mit Nanomaterialen eingeteilt in solche, die der Information dienen, technische Maßnahmen beinhalten oder die persönliche Sicherheitsausrüstung betreffen. Diese Maßnahmen zur Reduzierung und Vorbeugung von Risiken werden dann Teil von neuen oder angepassten Gesetzen und Verordnungen.
Aktivitäten und Methoden für das Risikomanagement von Nanomaterialien
In Deutschland sind mehrere öffentliche Organisationen und Versicherungsunternehmen in die Risikoanalyse und -bewertung von Nanomaterialien involviert, die sich speziell auf Arbeitsplätze (z.B. BAuA, DGUV), Verbraucher (z.B. BfR) und Umweltbelange (z.B. UBA) fokussieren. Deren Arbeit fußt häufig auf der Risikobewertung innerhalb von REACH, welches der Grundpfeiler europäischer Gesetzgebung ist. Obwohl Nanomaterialien innerhalb von REACH nicht explizit erwähnt werden, so werden diese doch in anderen Teilen der europäischen Gesetzgebung genannt. Beispielsweise verlangt die Biozid-Gesetzgebung spezifische Sicherheitstests für Nanomaterialien. Die Nahrungsmittel-Gesetzgebung definiert Nanomaterialien und fordert die Kennzeichnung von neuen Nanomaterialien, wenn sie als Nahrungsmittelzusatzstoffe Verwendung finden.
Das Institut für Arbeitsmedizin (IOM) in Grossbritannien ist eine unabhängige Einrichtung, die im Bereich Arbeit und Umwelt für Gesundheit, Hygiene und Sicherheit zuständig ist. Das IOM ist dabei auch in die Risikoanalyse und Risikobewertung von Nanomaterialien involviert. Mit Unterstützung der britischen Regierung hat das IOM eine frei zugängliche Informationsquelle mit dem Namen SAFENANO geschaffen. Diese bietet der Industrie Serviceleistungen im Bereich Toxikologie, Exposition und Risikobewertung von Nanomaterialien. In den USA engagieren sich das National Institute of Health (NIH) und das National Toxicology Program (NTP) bei der Risikoanalyse und Risikobewertung von Nanomaterialien.
Da der Prozess der Risikobewertung gewisse Grenzen hat, werden derzeit alternative Methoden und Ansätze zur Unterstützung der Entscheidungsfindung auf internationaler Basis intensiv erforscht. Dabei beteiligt sind zum Beispiel das Nano Risk Framework, welches von dem in den USA ansässigen Environmental Defense Fund (EDF) und der DuPont Corporation entwickelt wurde. Weiterhin involviert sind das Schweizer International Risk Governance Council (IRGC) mit einem Risiko-Rahmenkonzept sowie das von der dänischen DTU Environment ins Leben gerufene NanoRiskCat [1].
Einen qualitativen bzw. semi-quantitativen Ansatz für Risikobewertung und -management für Arbeitsgesundheit und -sicherheit in kleinen Betrieben stellt das sogenannte „control banding“ dar. Diese Methode stellt einen geradlinigen und pragmatischen Ansatz bereit, um die Bewertung und das Management von Risiken am Arbeitsplatz zu leiten und somit gefährliche Expositionen zu kontrollieren oder zu vermeiden.
In der Praxis mündet Risikomanagement am Arbeitsplatz in verschiedenen Maßnahmen, die die Produktionsmaschinen oder -prozesse betreffen können (spezielle Gehäuse, geschlossene Systeme, Entlüftung) oder auch die Schutzausrüstung der Mitarbeiter (Atemmaske, Handschuhe, Helm usw.). Es ist dabei in jedem Fall das Ziel, die Exposition mit einem gefährlichen Material unter dem jeweiligen Grenzwert zu halten. Dasselbe gilt für die Verbraucher. Im Falle eines potentiellen Risikos müssen die Produkte entsprechend gekennzeichnet werden (z.B. Ethanol als entzündlich, Pestizide als giftig usw.) und der Verbraucher muss dieses mit spezieller Sorgfalt benutzen.
Risikokommunikation
Sobald ein Risiko eines neuen (Nano)Materials wissenschaftlich nachgewiesen wurde, ist es sehr wichtig, die Informationen für die Entscheidungsträger und die Öffentlichkeit zu transferieren bzw. zu „übersetzen“. Dies muss sehr verantwortungsvoll geschehen, um die Verbreitung irreführender Informationen zu verhindern. Dieses kann durch einen Prozess erreicht werden, der „Risikokommunikation“ genannt wird. Risikokommunikation ist ein anspruchsvoller, interdisziplinärer Prozess, um einen Sachverhalt öffentlich zur Sprache zu bringen und unter Berücksichtigung des Wertesystems der betroffenen Gesellschaft zu diskutieren. Ein zentrales Ziel ist es dabei, allgemeine und individuelle Entscheidungsprozesse zu verbessern. Das Projekt DaNa stellt dabei einen Weg dar, um die Risikokommunikation für verschiedene Interessenvertreter unserer Gesellschaft zu gewährleisten, indem Daten zu verschiedenen Nanomaterialien und ihre möglichen Effekte auf Mensch und Umwelt präsentiert werden.
Literatur
- Hansen, S.F. and Baun, A. (2011): NanoRiskCat – A Conceptual Decision Support Tool for Nanomaterials. Danish Ministry of the Environment (PDF, 1.8 MB [icon type=file-pdf])