Indiumzinnoxid

Touchscreen auf Fahrkartenautomat Bildquelle: Petra Beerhalter / fotolia.com

Indiumzinnoxid (ITO) oder zinndotiertes Indiumoxid ist eine Mischung aus Indiumoxid und Zinnoxid. Dabei kann die Zinnkomponente bis zu einem Fünftel der Mischung ausmachen. Das transparente Material besitzt eine elektrische Leitfähigkeit. Diese Eigenschaften machen es interessant für die Optoelektronik. Hier setzt man es z.B. zum Schutz von Bildsensoren bei Digitalkameras, aber auch als leitfähiger Katalysatorträger, für Displays oder als heizbare Antivereisungsschicht auf den Scheiben des Cockpits im Airbus ein. Die interessanteste Möglichkeit ist aktuell die Verwendung in einer neuen Generation von Solarzellen.

Wie könnte ich damit in Kontakt kommen?

Die wahrscheinlichste Aufnahme von ITO in den Körper erfolgt durch Einatmen des Rohmaterials bei der Verarbeitung. Das unbeabsichtigte Verschlucken der Substanz kann man weitestgehend ausschließen. Der Kontakt mit den Augen sollte unbedingt vermieden werden.

Wie gefährlich ist das Material für Mensch und Umwelt?

Reizungen der Nase, des Mund-Rachen-Raumes und der Augen können auftreten, wenn man mit relativ hohen Konzentrationen von ITO in Kontakt kommt. Daher sollte das Verstäuben von Pulvern, z.B. bei der Herstellung von Displays, vermieden werden. ITO-Partikel mit einer Größe von 950 nm haben in Versuchen mit Hamstern zu Lungenschäden geführt. Dies wurde auf eine Anreicherung von ITO in der Lunge zurückgeführt. Es gibt Hinweise darauf, dass sich ITO-Partikel im Körper langsam auflösen und dabei Indium freisetzen. In einer Studie konnten auch negative Effekte auf die Fortpflanzungsfähigkeit nachgewiesen werden.

Fazit

Für den Verbraucher ist es sehr unwahrscheinlich, mit Indiumzinnoxid in Kontakt zu kommen. Am Arbeitsplatz hingegen (beispielsweise in der Solarzellindustrie) ist es wichtig, Schutzmaßnahmen zu ergreifen, um das Einatmen von ITO-Stäuben zu vermeiden.

 

Eigenschaften und Anwendungen

Indiumzinnoxid (engl. Indium tin oxide, kurz ITO) stellt eine Mischung aus Indiumoxid (In2O3) und Zinnoxid (SnO2) mit der Summenformel In2-xSnxO3 dar. Der Zinnanteil kann bis 20 % betragen. Es ist halbleitend mit einer hohen elektrischen Leitfähigkeit. Dünne Schichten von ca. 200 nm sind im Bereich des sichtbaren Lichts zudem transparent, während infrarotes Licht reflektiert wird. Indiumzinnoxid weist eine Dichte um 7 g/cm³ und eine weiße bis gelbliche Farbe auf. Je nach Zusammensetzung kann es auch andere Farben (blau, grün, gelb etc. annehmen). ITO ist nahezu unlöslich in Wasser. Mikroskalige Stäube können die Atemorgane reizen, weshalb die zulässigen Arbeitsplatzkonzentrationen unter dem normalen Staubgrenzwert liegen.

Indiumzinnoxid ist eines der wichtigsten transparenten, elektrisch leitfähigen Materialien. In der optoelektronischen Industrie findet es vor allem in Form von Beschichtungen bei der Verdrahtung von Halbleitersensoren sowie für die Herstellung verschiedenster elektro-optischer Bauteile und Geräte wie Flüssigkristallbildschirme, organische Leuchtdioden (OLEDs) und Touchscreens Anwendung. Weiterhin wird es als lichtdurchlässiges Heizglas in Enteisungsvorrichtungen, beheizbaren Objektträgern oder Heiztischen eingesetzt. Es kommt in unsichtbaren Antennen und in Dünnschicht-Solarzellen vor. Bildsensoren hochwertiger Digitalkameras werden mit Indiumzinnoxid-Schichten geschützt. Da ITO die Infrarotstrahlung stark reflektiert, wird es auch als Wärmeschutz auf Fensterglas aufgebracht. Wegen seiner Transparenz und elektrischen Leitfähigkeit werden nichtleitende Materialien wie Kunststoffe mit ITO beschichtet, um eine elektrostatische Aufladung zu verhindern.

In Form feiner bis nanoskaliger Partikel (Pulver) verschiedener Zusammensetzung wird Indiumzinnoxid durchsichtigen Lacken, Klebern sowie Kunststofffolien und Fasern zugesetzt. Damit werden die Leitfähigkeit und das IR-Reflexionsvermögen der Werkstoffe erhöht. Auch Pulverbeschichtungen sind von Bedeutung. Über Drucktechniken lassen sich durchsichtige Leiterbahnen erzeugen.

Aufgrund seiner begrenzten Verfügbarkeit und des hohen Indiumpreises wird weltweit intensiv an einer Ablösung von Indiumzinnoxid durch andere durchsichtige und leitfähige Materialien gearbeitet.

ITO ist als nanometergroßes Pulver nicht selbstentzündlich. Auch als fein verteilte Mischung mit Luft (Staub) unter Einwirkung einer Zündquelle ist ITO nicht entzündlich, also besteht keine Möglichkeit einer Staubexplosion.


Vorkommen und Herstellung

Indiumzinnoxid ist ein technisches Produkt. Es kann durch verschiedene Beschichtungsverfahren auf die Substrate, vor allem Glas und Kunststofffolien, aufgebracht werden. Das am häufigsten verwendete Verfahren ist die Kathodenzerstäubung (engl. Sputtern), das im Hochvakuum durchgeführt wird, was die zu beschichtende Fläche einschränkt. Das Verfahren sichert aber eine hohe Homogenität der Schichten. Durch reaktives thermisches Verdampfen an Luft bei Temperaturen oberhalb von 300 °C oder mit Hilfe des Sol-Gel-Verfahrens können auch größere Flächen beschichtet werden.

Feinkörnige bis nanokristalline Pulver werden vorzugsweise über Kofällung aus einer wässrigen Lösung erzeugt, bei dem lösliche Indium- bzw. Zinn-Komponenten durch pH-Wert-Erhöhung ausgefällt werden. Zur Erzielung der gewünschten Eigenschaften erfolgt eine thermische Nachbehandlung bei Temperaturen oberhalb von 300 °C.


Weiterführende Informationen


  • Kaune, Gunar (2005). Röntgenografische Charakterisierung von Indium-Zinn-Oxid-Dünnschichten, Diplomarbeit, Fakultät für Naturwissenschaften, TU Chemnitz, 2005.
  • Patente zu Anwendung und Herstellung von ITO-Pulvern: DE69818404T2 vom 01.07.2004; Degussa DE102004041747A1 vom 02.03.2006; Fraunhofer-Gesellschaft zur Förderung der angewandten Forschung e.V. DE10261541A1 vom 01.07.2004

Da Indiumzinnoxid (ITO) in Displays und Flüssigkristallbildschirmen fest eingebunden ist, kommt der Mensch nicht mit den Partikeln in Kontakt. Bisher liegen nur wenige Daten zur Exposition mit Indiumzinnoxid Partikeln vor.

Untersuchung am lebenden Organismus – in vivo

Die Studien zeigen Schädigungen der Lunge, bis hin zu krebsartigen Veränderungen, sowie erhöhte Indiumkonzentrationen im Serum der Tiere. Eine dritte Studie, ebenfalls mit Hamstern, untersuchte den Einfluss von ITO-Partikeln auf die Hoden. Es konnten nur sehr marginale Effekte auf die Samenleiter detektiert werden. Die Fortpflanzungsfähigkeit war nicht beeinträchtigt. Generell waren Effekte von ITO im Vergleich zu anderen Indiumverbindungen, z.B. Indium-Arsen (InAs) oder Indiumphosphid (InP), geringer .

Hinsichtlich einer Umweltexposition mit nanoskaligem Indiumzinnoxid liegen derzeit keine Daten vor.

In allen durchgeführten Tierstudien mit Hamstern wurden Indiumzinnoxid-Partikel (und andere Indiumpartikel) über die Lunge verabreicht.

Die beschriebenen Effekte sind im Abschnitt Exposition des Menschen aufgeführt.

Es gibt Hinweise, dass Indiumzinnoxid-Nanopartikel eine schädigende Wirkung auf verschiedene aquatische Organsimen, insbesondere gegenüber Wirbellosen und Algen, zeigen.

Diese Hinweise sind jedoch kritisch zu betrachten, da sie aus der einzigen verfügbaren Studie zum Risiko von ITO Nanopartikeln für Umweltorganismen entnommen sind . Aufgrund fehlender Daten zur Partikelcharakterisierung genügt diese Studie jedoch nicht den Literatur Qualitätskriterien des DaNa-Konsortiums. Insbesondere fehlen Angaben zur Partikelgröße und Partikelgrößenverteilung in den entsprechenden Dispergiermedien, zu Oberflächencharakteristika und Oberflächenchemie, sowie zur Morphologie.

Die Verteilung von Indiumzinnoxid Partikeln im Körper ist nur wenig untersucht.

Verhalten im Körper

Nicht zu vernachlässigende Mengen von Indiumzinnoxid Partikeln konnten auch noch nach 78 Wochen in der Lunge von Versuchshamstern detektiert werden. Diese Beobachtung lässt darauf schließen, dass die dort verbliebenen Partikel die erwähnten Lungenschädigungen hervorgerufen haben. Darüber hinaus konnte aber auch ein erhöhter Indiumspiegel im Serum der Tiere nachgewiesen werden. Was wiederum darauf hindeutet, dass sich zumindest ein Teil der Partikel auflöst. Partikel mit verschiedener Zusammensetzung, z.B. ITO im Vergleich zu Indium-Phosphid (InP), lösen sich mit unterschiedlicher Geschwindigkeit .

Speziell zu ITO sind keine Verteilungen in verschiedene Organe veröffentlicht. Jedoch verteilt sich lösliches Indium im Körper von Ratten nach InP-Gabe relativ gleichmäßig auf Leber, Nieren, Lunge, Milz und Hoden.

Hinsichtlich des Umweltverhaltens von nanoskaligen Indiumzinnoxid-Partikeln liegen derzeit keine Daten vor.

{4274171:WH2F8IRL},{4274171:AVS34WVT},{4274171:IQRUAT93};{4274171:SNTN3UUH};{4274171:AVS34WVT},{4274171:UMFI87W7},{4274171:STEGES2X},{4274171:HA6P8UEB} default asc no 307
1.
Zheng, W.; Winter, S.M.; Kattnig, M.J.; Carter, D.E.; Sipes, I.G. Tissue Distribution and Elimination of Indium in Male Fischer 344 Rats Following Oral and Intratracheal Administration of Indium Phosphide. Journal of Toxicology and Environmental Health 1994, 43, 483–494, https://doi.org/10.1080/15287399409531936.
1.
Tanaka, A.; Hirata, M.; Omura, M.; Inoue, N.; Ueno, T.; Homma, T.; Sekizawa, K. Pulmonary Toxicity of Indium‐Tin Oxide and Indium Phosphide after Intratracheal Instillations into the Lung of Hamsters. Journal of Occupational Health 2002, 44, 99–102, https://doi.org/10.1539/joh.44.99.
1.
Uemura, T.; Oda, K.; Omae, K.; Takebayashi, T.; Nomiyama, T.; Ishizuka, C.; Hosoda, K.; Sakurai, H.; Yamazaki, K.; Kabe, I. Effects of Intratracheally Administered Indium Phosphide on Male Fischer 344 Rats. Journal of Occupational Health 2006, 39, 205–210, https://doi.org/10.1539/joh.39.205.
1.
Tanaka, A.; Hirata, M.; Homma, T.; Kiyohara, Y. Chronic Pulmonary Toxicity Study of Indium-Tin Oxide and Indium Oxide Following Intratracheal Instillations into the Lungs of Hamsters. J Occup Health 2010, 52, 14–22, https://doi.org/10.1539/joh.l9097.
1.
Omura, M.; Tanaka, A.; Hirata, M.; Inoue, N.; Ueno, T.; Homma, T.; Sekizawa, K. Testicular Toxicity Evaluation of Indium‐Tin Oxide. Journal of Occupational Health 2002, 44, 105–107, https://doi.org/10.1539/joh.44.105.
1.
Homma, T.; Ueno, T.; Sekizawa, K.; Tanaka, A.; Hirata, M. Interstitial Pneumonia Developed in a Worker Dealing with Particles Containing Indium-Tin Oxide. Journal of Occupational Health 2003, 45, 137–139, https://doi.org/10.1539/joh.45.137.
1.
Blaise, C.; Gagne, F.; Ferard, J.F.; Eullaffroy, P. Ecotoxicity of Selected Nano-Materials to Aquatic Organisms. Environmental toxicology 2008, 23, 591–598, https://doi.org/10.1002/tox.20402.
Skip to content