Die Wirkung von Titandioxid (TiO2) Nanopartikeln wurde bereits in zahlreichen Pflanzen und Tieren untersucht. Damit gehören sie zu den am umfangreichsten getesteten Nanopartikeln. Es liegen in vivo und in vitro Daten vor und es wurden Experimente in verschiedenen Medien (Wasser, Boden) und mit verschiedenen Aufnahmewegen (Wasser, Nahrung, Blut, Boden) durchgeführt.
Allerdings sind die Studien nicht gut vergleichbar, weil sich die Partikel-Hersteller und damit in der Regel auch die Eigenschaften der Titandioxid-Partikel von Studie zu Studie unterscheiden.
Die Regenbogenforelle als aquatischer Testorganismus ist besonders gut untersucht und wurde über Wasser, Nahrung und die Blutbahn mit Titandioxid-Nanopartikeln konfrontiert. In gröberer Form (mikroskalig) wird Titandioxid bereits seit langem in Ernährungsstudien in Fischen eingesetzt und gilt als untoxisch. Als Nanopartikel kann über die Nahrung aufgenommenes Titandioxid in den Kiemen, im Darm, in der Leber, im Gehirn und in der Milz nachgewiesen werden. Es erfolgt also eine systemische Verteilung der Partikel im Körper, wobei dies keine Auswirkung auf die Gesundheit der Tiere hatte. Direkt aus dem Wasser „verschluckte“ Titandioxid-Nanopartikel werden nur in geringem Maße in den Fischkörper aufgenommen.
In einer weiteren Studie wurden Regenbogenforellen die TiO2-Nanopartikel direkt in die Blutbahn gespritzt (eine nicht umweltrelevante Exposition, die jedoch zur Klärung von Wirkmechanismen und Effekten bei Aufnahme sehr hoher Dosen dient, z.B. nach einem möglichen Industrieunfall) und die Verteilung in den Organen beobachtet. Die Partikel reicherten sich in Nieren und Leber an, ohne jedoch die Funktionen dieser wichtigen Organe zu beeinflussen.
Zebrabärblinge können TiO2-Partikel ebenfalls aus dem Wasser aufnehmen. Die Eihülle der Fischembryonen ist jedoch für die Partikel nicht durchlässig. Werden Embryonen gegenüber den Partikeln bei gleichzeitiger starker Beleuchtung ausgesetzt, so treten Fehlbildungen auf und eine erhöhte Sterblichkeit der Embryonen wird beobachtet. Dieser Effekt tritt bei normaler Beleuchtung nicht auf und ist somit auf die photokatalytischen Eigenschaften der TiO2-Partikel zurückzuführen. Erwachsene Zebrabärblinge zeigten keine Effekte nach TiO2-Exposition, die Kiemen wiesen keinerlei Veränderungen auf. Es wurden jedoch Veränderungen in den Aktivitäten bestimmter Gene festgestellt, diese Genaktivitäten stimmten teilweise mit beobachteten Veränderungen nach Kupfer- und Silbernanopartikel-Exposition überein .
Auch Wasserflöhe (Daphnien) zählen zu den häufig verwendeten Testorganismen. Im klassischen 2-Tages-Test, bei dem die Daphnien über 48 h mit den Partikeln exponiert werden, traten in verschiedenen Studien keine bzw. minimale Effekte (Beweglichkeit, Sterblichkeit) auf. Wurde der Beobachtungszeitraum jedoch auf 3-21 Tage ausgedehnt, so traten Effekte auf die Häutung und die Fortpflanzungsfähigkeit auf, die z.T. zum Absterben aller Testorganismen führte Diese indirekten toxischen Effekte gehen einerseits auf eine Anheftung der Partikel an das Außenskelett (Panzer) der Tiere zurück, andererseits auf die Partikelaufnahme in den Darm. Letztere behindert möglicherweise die Nahrungsaufnahme in den chronischen Tests .
Eine wichtige Fragestellung in der Risikoforschung ist, inwieweit ein Transfer von Nanopartikeln über die Nahrungskette stattfindet. In einer `kleinen` Nahrungskette, bestehend aus Wasserflöhen und Zebrabärblinge, wurde gezeigt, dass eine Übertragung der Nanopartikel auf Zebrabärblinge, welche mit TiO2-exponierten Daphnien gefüttert wurden, stattfindet .
Für weitere Süß- und Meerwasser-Organismen (Muscheln, Schnecken) waren Titandioxid-Nanopartikel nicht akut toxisch, jedoch zeigte die Aktivitäten bestimmter Enzyme eine Reaktion auf die Partikel-Exposition an .
Der im Meeresboden lebende Wattwurm nahm keine Partikel über die Haut oder den Darm in Körpergewebe auf. In sehr hohen Konzentrationen war die Futteraufnahme der Würmer verringert, eine typische Reaktion auf Verunreinigungen im Sediment. Ebenfalls in hohen Konzentrationen lösten TiO2-Nanopartikel hier DNA- und Zellschädigungen aus .
Als Beispiel für Boden-bewohnende Organismen wurden Kellerasseln mit Titandioxid-getränkten Blättern gefüttert. Die Nanopartikel hatten wenig Einfluss auf die Stoffwechselvorgänge und keinerlei Einfluss auf die Futteraufnahme, das Körpergewicht oder die Sterblichkeit, obwohl die eingesetzten Konzentrationen sehr hoch waren. Ähnlich wie für Wasserflöhe hatte eine verlängerte Expositionsdauer jedoch einen Einfluss auf die TiO2-Wirkung, ein Hinweis darauf, dass im Gegensatz den häufig angewandten Kurzzeittests auch chronische Test mit längeren Einwirkzeiten durchgeführt werden sollten. Eine Regenwurm-Art zeigte nach 7-tägiger TiO2-Exposition über den Boden DNA-Schädigungen und Hinweise auf oxidativen Stress, ebenfalls nur in sehr hohen Konzentrationen. Ähnliche Befunde waren für den Fadenwurm zu beobachten, hier traten auch Verringerungen in Wachstum und der Zahl der Nachkommen auf .
TiO2-Nanopartikel wurden an verschiedenen Pflanzen getestet, für die Zwiebel und Weidenbäume war die Toxizität gering, alle Wachstumsparameter waren unverändert. Eine weitere Studie untersuchte Tabak- und Zwiebelpflanzen, hier zeigten hohe, nicht umweltrelevante Konzentrationen eine genotoxische Wirkung. Für eine Süßwasser-Grünalge wurden für 3 verschiedene TiO2-Nanopartikel wachstumshemmende Effekte beobachtet, welche jedoch nicht allein durch unterschiedliche Partikelgrößen begründet werden können, sondern auch durch andere Eigenschaften wie unterschiedliche Kristallstrukturen. Außerdem ist unklar, inwieweit die Nanopartikel den notwendigen Lichteinfall behindern und dadurch das Wachstum hemmen .
Als Fazit aus den bisher verfügbaren Studien lässt sich für Titandioxid-Nanopartikel eine geringe Toxizität für Umweltorganismen ableiten. Wirkungen wurden stets in Konzentrationen beobachtet, die weit über den vorhergesagten Umweltkonzentrationen liegen.
Die Partikel werden jedoch ohne Zweifel in Organismen und Zellen aufgenommen, weshalb man die wichtige Einschränkung machen muss, das die Wirkung von sehr geringen Konzentrationen dieser Stoffe über einen längeren Zeitraum, wie es den Verhältnissen in der Umwelt entsprechen würde, bisher nur unzureichend (in Daphnien und Kellerasseln) untersucht wurde.
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