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nanoCOLT

nanoCOLT – Langzeitwirkung modifizierter Carbon Black Nanopartikel auf gesunde und vorgeschädigte Lungen

 

Aufbauend auf dem Vorgängerprojekt CarbonBlack hat das Verbundprojekt nanoCOLT die Zusammenhänge zwischen Materialeigenschaften synthetischer Carbon Black Nanopartikel (CBNP) und der durch sie im Niedrig-Dosis-Bereich verursachten Lungenschädigung weiter untersucht. Großer Fokus lag insbesondere auf der Prüfung, ob eine CBNP-Langzeitexposition bei gesunden Lungen zu strukturellen und funktionellen Veränderungen führt, und ob vorgeschädigte Lungen sensibler auf Carbon Black Nanopartikel Exposition reagieren als gesunde. Weiterhin sollten Zell- und Gewebekultursysteme identifiziert werden, mit deren Hilfe mögliche Wirkungen von Carbon Black Nanopartikel beim Menschen vorhergesagt werden können. Die in diesen in-vitro und ex-vivo Systemen gewonnenen Ergebnisse wurden abschließend in einem in-vivo Inhalationsversuch an der Ratte gemäß OECD Richtlinie 413 geprüft.

Im Verbund wurden verschiedene in-vitro und ex-vivo Testsysteme, die z.T. im Vorgängerprojekt CarbonBlack etabliert worden waren (z.B. Explantatmodelle der murinen Trachea bzw. intrapulmonaler Atemwege, humane Präzisionslungen-schnitte), weiterentwickelt bzw. neue Testsysteme (z.B. partikel-induzierter Zellmigrationstest PICMA, Air-Liquid-Interface Zellkulturmodell) auf ihre Eignung zur Toxizitätsuntersuchung geprüft. In den in-vitro und ex-vivo Testsystemen wurden die zu prüfenden CBNP in den Konzentrationen 1, 10 und 30 μg/ml eingesetzt, in den in-vivo Tierexperimenten wurden einmalig oder siebenmalig im Abstand von je zwei Wochen 70 μg Carbon Black Nanopartikel pro Tier appliziert.

Querschnitte durch die Lunge (links) und eine Alveole (rechts) von Versuchstieren, die im Versuch Carbon Black Nanopartikel eingeatmet haben.
Rastermikroskopische (A) und lichtmikroskopische (B) Aufnahme der Lunge mit Atemweg (AW) und umgebenden Alveolen (AL). Die Pfeile zeigen auf Agglomerate inhalierter CBNP . © H. Fehrenbach / FZ Borstel; © N. Schreiber und B. Müller / Universität Marburg

Auf Basis der eingesetzten ex-vivo und in-vivo Tierexperimente kommt der Verbund zum Schluss, dass sowohl für gesunde als auch für durch Stickstoffdioxid (NO2) oder experimentell induziertes allergisches Asthma vorgeschädigte Lungen gleichermaßen eine geringe akute Toxizität der geprüften Carbon Black Nanopartikel vorliegt. Die beobachteten geringgradigen Effekte werden v.a. durch die Oberflächenchemie bestimmt. Nach multiplen Carbon Black Nanopartikel-Expositionen als Modell einer Langzeitexposition waren in den ex-vivo und in-vivo Tierexperimenten ebenfalls nur geringe Effekte der Prüf- Carbon Black Nanopartikel zu verzeichnen. Der in-vivo Inhalationsversuch wurde mit Printex®90 als Referenzpartikel sowie Acetylenruß und mit Benzo[a]pyren beschichtetem Printex®90 durchgeführt. Die subchronische Exposition mit Acetylenruß induzierte bei der Ratte eine stärkere inflammatorische Antwort als die mit Printex®90 oder Printex®90 mit Benzo[a]pyren.

Die modifizierten Carbon Black Nanopartikel wurden mit Hilfe eines weiten Spektrums an Methoden charakterisiert, wobei der Schwerpunkt auf der Untersuchung der Blockierung der Oberflächenfunktionen der Carbon Black Nanopartikel durch Wechselwirkungen mit Proteinen aus biologischen Umgebungen lag. Hierzu wurden verschiedene spektroskopische Methoden eingesetzt. Veränderungen der sekundären Strukturelemente als mögliche Modulatoren der biologischen Aktivität der Prüf-CBNP konnten nicht nachgewiesen werden. Die Gründe für die insgesamt geringe akute Toxizität der Prüf-CBNP liegen offenbar in einer relativ starken Wechselwirkung zwischen Proteinen und den Oberflächengruppen der Carbon Black Nanopartikel. Hierdurch könnte die toxische Wirkung von Oberflächengruppen bzw. Molekülen auf der Oberfläche abgeschirmt bzw. vermindert werden.

Die ex-vivo Untersuchungen an humanen Präzisionslungenschnitten ergaben, dass es auch im humanen Testsystem nach akuter Exposition keinen direkten zell-schädigenden Einfluss der Prüf-CBNP auf normale und erkrankte (vorgeschädigte) Lungen gibt. Vielmehr induzierten die Carbon Black Nanopartikel in Geweben aus gesunden Lungen erste Entzündungsprozesse, wie sie für physiologische Reaktionen auf Noxen kennzeichnend sind und als Schutzmechanismen gewertet werden können. An Geweben aus erkrankten Lungen (pulmonale Fibrose), die ausgeprägte fein-gewebliche Veränderungen aufwiesen, waren keine solche als physiologische Schutzmechanismen zu wertenden Entzündungsreaktionen zu beobachten. Die Befunde aus dem humanen ex-vivo Testsystem sind weitgehend deckungsgleich mit den Ergebnissen aus den ex-vivo und in-vivo Tierexperimenten.

Zusammenfassend stellt der Verbund nanoCOLT auf Basis der vielfältigen Experimente an in-vitro, ex-vivo und in-vivo Testsystemen an Maus, Ratte bzw. humanen Zellen und Geweben abschließend fest, dass die akute und subchronische Toxizität der Prüf-CBNP im Niedrig-Dosis-Bereich als gering einzuschätzen ist und v.a. durch die Oberflächenchemie bestimmt wird. Ob das im humanen ex-vivo Testsystem an feingeweblich stark veränderten Geweben beobachtete Ausbleiben von als physiologisch zu wertenden Entzündungsprozessen bei chronischer Exposition und zunehmender Persistenz der Carbon Black Nanopartikel in der Lunge einen negativen Einfluss auf den Verlauf der zugrundeliegenden Lungenerkrankung hat, wäre in weitergehenden Studien zu prüfen.

Förderkennzeichen:
BMBF – 03X0153
Laufzeit:
01.10.2014 – 30.09.2017 (verlängert bis 31.12.2017)

Projektleitung

Prof. Dr. Bernd Müller, Philipps-Universität Marburg

Projekt-Partner

FB 20 Medizin und Universitätsklinikum - Klinik für Innere Medizin - Pneumologie, Philipps-Universität Marburg, Marburg (DE)
Institut für Anatomie - AG Barriere-Organe, Universität zu Lübeck, Lübeck (DE)
Fraunhofer Institut für Toxikologie und Experimentelle Medizin (ITEM), Hannover (DE)
Engler-Bunte-Institut - Bereich Verbrennungstechnik (EBI vbt), Karlsruher Institut für Technologie (KIT)
Experimentelle Pneumologie, Forschungszentrum Borstel - Leibniz-Zentrum für Medizin und Biowissenschaft
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