NanoGEM – Nanostrukturierte Materialien – Gesundheit, Exposition und Materialeigenschaften
Das Forschungsprojekt NanoGEM, gefördert vom BMBF und der Industrie, war ein integratives Interessen-übergreifendes Projekt, in dem Forschungsaktivitäten zu Fragen der Nanosicherheit, Exposition, Risiko und Toxikologie übergreifend in Kooperation von Forschung, Behörden und Industrie durchgeführt worden sind. Die im Rahmen von NanoGEM erforschten Ergebnisse wurden in internationalen Fachjournalen publiziert (siehe NanoGEM Veröffentlichungen) und in den internationalen Harmonisierungsprozess sowie in den öffentlichen Dialog eingebracht. Darüber hinaus wurden konkrete Sicherheitsvorschläge und Standardarbeitsanweisungen entwickelt und veröffentlicht.
Die spezifischen Forschungsaktivitäten erfolgten in sieben Arbeitspaketen. Eine wesentliche Rolle in der Erforschung- und Beurteilung von Sicherheitsfragen für Mensch und Umwelt sind die Kenntnisse der grundlegenden Eigenschaften von Nanomaterialien (NM).
Die Entwicklung und Bereitstellung neuer Materialien mit gezielter Veränderung der grundlegenden Eigenschaften, insbesondere der Oberflächen, war der Schwerpunkt der Arbeitspakete Produktion und Nanomaterialproduktion und Charakterisierung der Nanomaterialien. Die Oberflächen der ausgesuchten Materialien Silber (Ag), Siliziumdioxid (SiO2) und Zirkoniumdioxid (ZrO2) wurden gezielt verändert und zusammen mit weiteren Referenz- und Vergleichsmaterialien in Wasser und relevanten biologischen Medien grundlegend charakterisiert. Über die Markierung mit einem Lumineszenz-Farbstoff (FITC, Fluoresceinisothiocyanat) konnten diese Siliziumdioxid und Titandioxid Partikel in verschiedenen Medien identifiziert, lokalisiert und deren Mobilität untersucht werden.
Die Untersuchungen zu den Arbeitspaketen Exposition – Messtechnik und Szenarien erforschten Grundlagen für die Beurteilung einer Expositionswahrscheinlichkeit, Freisetzungsmechanismen und Messstrategien. Die Ergebnisse der Hauptfragen „Können Freisetzungsszenarien im Labor abgebildet und vergleichbar simuliert werden?“ sowie „Welche Messtechniken und Messstrategien können für Expositionsuntersuchungen verwendet werden?“ wurden in eine Teststrategie eingebracht, die mittlerweile auch in das OECD-Programm der Working Party of Manufactured Nanomaterials (WPMN) aufgenommen wurde.
In einem speziellen Arbeitspaket, Querschnittsthema: Veränderung der Nanomaterialien, wurde die Änderungen der Eigenschaften von Nanomaterial über den gesamten Lebenszyklus untersucht. Der Fokus lag hier auf der Lunge als dem gesundheitlich relevantesten Eintrittspfad für Nanomaterialien in den Körper.
Die Oberflächenfunktionalisierung hatte einen wesentlichen Einfluss darauf, welche Lipide des Lungen-Surfactant sich an die Nanomaterialien anlagerten, so dass nach der Anlagerung der verschiedenen Bestandteile (Lipide, Proteine, organische Verbindungen) kein direkten Kontakt zwischen der Oberfläche der Nanomaterialien und dem umgebenden Medium bestand. In den Alveolen bzw. an der Luft-Epithelgrenze agglomerierten die zuvor stabilen Suspensionen der verwendeten Nanopartikel (SiO2 FITC, adsorptiv markiertes ZrO2) über den gesamten Beobachtungszeitraum (30 – 180 Min), was sich über die Interaktion mit den Proteinen der Lungenalveolen erklären lässt.
Zum Thema Nanopartikel Toxikologie: Materialeigenschaften und Wirkung wurden in vitro und in vivo Untersuchungen u.a. an sensibilisierten Mäusen durchgeführt. In beiden Szenarien verursachten die unmodifizierten Siliziumdioxid Nanomaterialien die stärksten Effekte, während bei den Amino- und Phosphat-funktionalisierten SiO2 Nanomaterialien keine signifikanten Reaktionen beobachtet wurden. Fazit der gefährdungsbezogenen Untersuchungen ist, dass sich das Gefährdungspotential eines Stoffes über eine Oberflächenmodifikation verändern lässt und evtl. zu einer besseren Einbindung in eine Matrix führen kann.
Für die Risikoabschätzung erfolgte die Zusammenstellung und Auswertung verschiedener Informationen zu den Bereichen Chemikaliensicherheit, Arbeitsschutz und Verbraucherschutz. Für die Ableitung der Risikoabschätzung von Nanomaterialien im Rahmen der Chemikaliensicherheit wurden die Informationen zu den entsprechenden Endpunkten für die drei ausgewählten nanoskaligen Grundmaterialien Siliziumdioxid, Silber und Zirkoniumdioxid zusammengetragen und ausgewertet. Allgemein zeigten die Analysen, dass die bisherigen Prinzipien der Beurteilung möglicher Risiken auch auf Nanomaterialien übertragen werden können, da bisher keine ausschließlich nanospezifischen Wirkmechanismen identifiziert wurden.
Wohlleben W., Kuhlbusch T.A.J., Schnekenburger J., Lehr C.M. (2015). Safety of Nanomaterials along Their Lifecycle: Release, Exposure, and Human Hazards. Taylor & Francis Inc, CRC Press, pp. 472. ISBN: 9781466567863.