Nanopartikel an der Blut-Hirn Schranke

Die Blut-Hirn-Schranke ist die Trennung zwischen dem Blutgefäßsystem und dem Gehirn und wird von bestimmten Zellen (sogenannte Endothelzellen) gebildet, welche die Blutgefäße im Gehirn umschließen. Diese Barriere ist für Nanopartikel normalerweise undurchlässig.

Die Blut-Hirn-Schranke trennt das Blutgefäßsystem und das Gehirn voneinander ab [1]. Unsere Blutgefäße sind mit bestimmten Zellen (Endothelzellen) ausgekleidet, die besonders im Gehirn sehr eng über sogenannte tight junctions) miteinander verbunden sind. Diese engen Zell-Zell-Verbindungen verhindern generell den Transport von Stoffen zwischen ihnen hindurch. Nur sehr kleine, fettliebende Moleküle können diese Barriere per Diffusion überwinden. Darüber hinaus besitzen diese Barriere-Zellen spezielle und vor allem sehr effektive Transportsysteme, welche die meisten der fettlöslichen Stoffe sofort wieder aus den Zellen heraus in den Blutstrom befördern. Diese Mechanismen sorgen so für eine sichere Abschirmung gegenüber den meisten Substanzen [2,3].

Schematische Darstellung der Blut-Hirn-Schranke. Vom Gehirn bis hin zu den Tight Junctions. © von Kuebi = Armin Kübelbeck, and for the brain: Patrick J. Lynch [CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons
Schematische Darstellung der Blut-Hirn-Schranke. Vom Gehirn bis hin zu den Tight Junctions. © von Kuebi = Armin Kübelbeck, and for the brain: Patrick J. Lynch [CC-BY-3.0 (http://creativecommons.org/licenses/by/3.0)], via Wikimedia Commons

Damit Nanopartikel oder Liposomen diese Zell-Barriere überwinden können, müssen diese mit einer spezifisch angepassten Oberfläche ausgestattet werden. Diese Vorgehensweise gilt sowohl für anorganische (z.B. Gold, Eisen) wie auch für organische Nanopartikel (Fette, Proteine, Peptide usw.) [4,5].

Um sowohl die Ernährung des Gehirns mit wichtigen Nährstoffen als auch die Kommunikation mit dem Körper sicherzustellen, gibt es außen auf den Endothelzellen Andockstellen, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip die Bindungspartner aktiv ins Gehirn transportieren [3]. Nährstoffe wie Aminosäuren und Zucker oder auch wichtige Stoffwechselprodukte, z.B. verschiedene Proteine oder Hormone, zählen zu diesen möglichen Bindepartnern [3].

Über dieses Transportsystem kann auch ein Durchtritt von Nanopartikeln ermöglicht werden. Dazu müssen entsprechende Bindungspartner, die wie ein Schlüssel in das Schloss dieser Transporter passen, entweder durch direkte Bindung oder Anlagerung an den Partikeln befestigt werden. Jetzt können diese so angepassten Partikel als „trojanische Pferde“ wirken [6]. Dieser Vorgang ist nur durch gezielte chemische oder physikalisch-chemische Prozesse zu erreichen. Natürlicherweise findet diese Bindung jedoch nicht statt. Deshalb gelangen Nanopartikel generell nicht über die Blut-Hirn-Schranke.

Mithilfe dieser Methodik können für medizinische Anwendungen eine Reihe von verschiedenen Wirkstoffen an die Nanopartikel gebunden werden, so z.B. Medikamente wie das in der Chemotherapie eingesetzte Doxorubicin gegen Gehirn-Tumore [7,8] oder Arzneimittel zur Behandlung von Erkrankungen des Nervensystems [9,10]. Im Fall einer Krebsbehandlung werden diese Medikamente intravenös verabreicht, über das Blut und die Blut-Hirn-Schranke in das Gehirn transportiert und gelangen dort an ihren Zielort, den Tumor. Ohne diese Beschichtungen und Bindungspartner sind die gleichen Nanopartikel wirkungslos. Zu den bisher verwendeten Bindungspartnern gehören verschiedene Proteine [5,11-13], sowie spezifische Antikörper [12,13].

Gute Bioverträglichkeit und schnelle Bioabbaubarkeit der Träger-Materialien, also der Nanopartikel, sind die Voraussetzung für den Einsatz solcher beschichteter Nanopartikel im medizinischen Bereich [6]. Deshalb kommen aus heutiger Sicht nur bestimmte organische Ausgangsstoffe als Trägermaterialien in Frage.

Da derartige Andockstellen oder Bindungspartner auch an anorganische Materialien, wie z.B. Gold-Nanopartikel, gebunden werden können, ist auf diese Weise ebenfalls ein Transport ins Gehirn möglich [14]. Jedoch erfüllen diese Partikel nicht die Anforderung der schnellen Bioabbaubarkeit und sind deshalb für Anwendung im Menschen ungeeignet. Bei Eisen-Nanopartikeln, die für diagnostische Zwecke eingesetzt werden sollen, kann der Transport über die Blut-Hirn Schranke ins Gehirn durch den Einbau in feste Fett-Nanopartikel (engl. solid lipid nanoparticles, SLN) ermöglicht werden [15,16]. Für eine Anwendung am Menschen fehlen hierfür allerdings die notwendigen toxikologischen Studien. Kohlenstoff-Nanoröhrchen kommen wegen ihrer spitzen Faser-Form und mangelnder Bioabbaubarkeit für einen Arzneimitteltransport in das Gehirn nicht in Frage [17].


Literatur

  1. Reese, TS et al. (1967). J Cell Biol, 34(1): 207-217.
  2. Begley, DJ (2004). Pharmacol Ther, 104(1): 29-45.
  3. Abbott, NJ et al. (2010). Neurobiol Dis, 37(1): 13-25.
  4. Fabian, E et al. (2008). Arch Toxicol, 82(3): 151-157.
  5. Zensi, A et al. (2009). J Control Release, 137(1): 78-86.
  6. Wohlfart, S et al. (2012). J Control Release, 161(2): 264-273.
  7. Gulyaev, AE et al. (1999).  Pharm Res 16, 1564–1569
  8. Steiniger, SC et al. (2004). Int J Cancer, 109(5): 759-767.
  9. Kreuter, J et al. (1995). Brain Res, 674(1): 171-174.
  10. Kurakhmaeva, KB et al. (2009). J Drug Target, 17(8): 564-574.
  11. Kreuter, J et al. (2007). J Control Release, 118(1): 54-58.
  12. Ulbrich, K et al. (2009). Eur J Pharm Biopharm, 71(2): 251-256.
  13. Ulbrich, K et al. (2011). J Drug Target, 19(2): 125-132.
  14. Wiley, DT et al. (2013). PNAS, 110(21): 8662-8667.
  15. Zara, GP et al. (2002). J Drug Target, 10(4): 327-335.
  16. Peira, E et al. (2003). J Drug Target, 11(1): 19-24.
  17. Yang, ST et al. (2007). J Phys Chem C 111(48): 17761-17764.
Skip to content