Nanomaterialien im Abfall

Fast täglich kommen neue Produkte auf den Markt, die Nanomaterialien enthalten und vielfältig eingesetzt werden können. Infolgedessen steigt auch die Anzahl an Nanomaterial-haltigen Produkten, die das Ende ihres Lebenszyklus erreichen und entsorgt werden müssen. Nanoabfälle in fester oder flüssiger Form werden derzeit wie normaler Müll behandelt und können über das bestehende Abfallmanagement System entsorgt werden oder aber direkt durch Verschmutzung in die Umwelt gelangen. Das Vermeiden von Umweltverschmutzung und illegaler Entsorgung von Abfällen kann in der Regel durch eine gut organisierte Abfallwirtschaft sowie Aufklärung erreicht werden. Bisher gibt es insgesamt jedoch wenig Wissen über die Freisetzung von Nanomaterialien aus Abfällen in die Umwelt.

 

Nanoabfall: ein Sammelbegriff für viele verschiedene Arten von Müll

Fast alle Nanomaterial-haltigen Produkte landen nach ihrer Benutzung im Abfall. Es gibt jedoch keine einheitliche Form von Nanoabfall aufgrund der vielfältigen Produktanwendungen von Nanomaterialien. Nanoabfall kann über verschiedene Quellen wie Hausmüll, Industrieabfälle sowie Abfälle aus Krankenhäusern oder Forschungsinstituten in das Abfall-System gelangen.

Der Begriff „Nanoabfall“ ist bislang noch nicht offiziell definiert. Ein Vorschlag beschreibt Nanoabfall mit „separat gesammelte oder sammelbare Abfallstoffe, die technisch hergestellte Nanomaterialien sind oder enthalten“. In welcher Form die Nanomaterialien im Abfall vorliegen, hängt vom ursprünglichen Produkt ab, in dem sie verwendet wurden. Beispielsweise können Nanomaterialien eingebettet in feste Materialien vorliegen (z. B. Kohlenstoff Nanoröhrchen in Displays) oder als Partikel bzw. Agglomeraten in einer Flüssigkeit vorliegen (wie Titandioxid in einigen Sonnenschutzmitteln) [1].

Um Abschätzungen zur anfallenden Menge an Nanoabfall vornehmen zu können, sind Informationen erforderlich über:

  1. Anzahl der auf dem Markt befindlichen Produkte mit technisch hergestellten Nanomaterialien
  2. Erwartete Lebensdauer dieser Produkte
  3. Eigenschaften der Abfallmatrix

Plastik ist nach solchen Abschätzungen für Europa die Abfallfraktion, in welcher am häufigsten technisch hergestellte Nanomaterialien enthalten sind.

 

Nanoabfall in der Abfallwirtschaft

Die Abfallmanagement Systeme sind in den verschiedenen europäischen Ländern unterschiedlich organisiert. In den EU-Ländern werden Kombinationen aus verschiedenen Technologien eingesetzt, z.B. Recycling, Verbrennung und Deponierung, zu der auch weitere Verarbeitungsschritte wie das Zerkleinern gehören. Nanoabfall in fester Form wird daher mit recht unterschiedlichen Abfallbehandlungstechnologien in Abhängigkeit von den lokalen Abfallmanagement Systemen behandelt [2-4].

Außerhalb Europas kann die Deponierung die vorherrschende Lösung sein [5]. Ein Teil der Nanomaterialien gelangt auch in das Wasser und wird unter geregelten Bedingungen in Kläranlagen weiter verarbeitet. Beispiele hierfür sind beim Duschen abgewaschene Titandioxid Nanopartikel aus Sonnenschutz oder ausgewaschene Nanomaterialien aus festem Nanoabfall.

 

Übersicht der Müllbehandlung von Nanoabfall sowie potentielle Freisetzungspfade.
Alle Bilder @ Fotolia.com (von links nach rechts, von oben nach unten): Kaffeebecher@weixx, Mülltonne@denisgo, deponie@eyetronic, Recyclingtonnen@destina, Kläranlage@mariusz szczygiełjpg, Verbrennung@travel maker, Abwasserrohr@dmitrimaruta, Plastikpellets@digitalstock, schornstein@spuno

 

Derzeit sieht die europäische Abfallgesetzgebung keine spezifische Regelung für die Behandlung von Nanoabfällen vor. Daher gelangen sie als Teil des normalen Abfallmaterials in die Abfallaufbereitungssysteme. Allerdings sind die regulären Abfallmanagement Systeme ursprünglich nicht für den Umgang mit Nanomaterialien konzipiert worden. Die Befürchtung besteht, dass Mensch und Umwelt über mögliche Emissionen bei der Abfallverwertung (Verbrennung, Recycling, Deponierung) mit Nanomaterialien belastet werden.

Während der verschiedenen Behandlungsschritte können Nanomaterialien aus dem Rohabfall freigesetzt werden. Beim Recycling werden zunächst die Abfallstücke mechanisch durch Zerquetschen, Zerreißen oder Mahlen zerkleinert, so dass hier Nanomaterialien freigesetzt werden könnten. In der Verbrennungsanlage wird der Müll bei sehr hohen Temperaturen fast vollständig verbrannt. Dabei können Nanomaterialien wieder aus dem Abfall frei gesetzt werden und in die Luft bzw. den Rauch gelangen oder sind in der Asche zu finden. Auf einer Mülldeponie finden ebenfalls Zersetzungs- bzw. Zerkleinerungsprozesse des Abfalls statt, so dass Nanopartikel freigesetzt werden könnten. Zusammengefasst hängen die Umwandlung bzw. der Abbau des Mülls und damit auch die Geschwindigkeit einer Freisetzung von Nanomaterialien sehr stark von der Art des Behandlungsverfahrens ab.

 

Freisetzung in die Umwelt?

Nanomaterialien aus Nanoabfall können über alle gängigen Abfall-Behandlungsverfahren in die Umwelt gelangen und dadurch die verschiedenen Umweltkompartimente Luft, Wasser, Boden erreichen. Bei der mechanischen Behandlung während des Recyclings oder auch in der Verbrennungsanlage können Nanomaterialien in die Luft abgegeben werden. Die Freisetzung in Wasser kann bei verschiedenen Recyclingverfahren oder auch bei der langfristigen Lagerung auf einer Mülldeponie auftreten, wenn austretendes Regenwasser (Sickerwasser) nicht gesammelt oder vollständig zurückgehalten wird. Weiterhin können die freigesetzten Nanomaterialien in den Boden gelangen.

Allerdings sind die Abfall-Behandlungsverfahren im Allgemeinen so gestaltet, dass aus dem Abfall freigesetzte Materialien zurückgehalten werden, z.B. durch Filteranlagen, Gasreinigungsanlagen oder geschlossene Deponien. Die Wirksamkeit solcher Systeme für den Rückhalt von Nanomaterialien ist bislang noch nicht vollständig belegt.

Neben dem Behandlungsverfahren und Freisetzungsverhalten beeinflussen auch die Eigenschaften des Abfalls (flüssig / fest) und der eingesetzten Nanomaterialien die spezifische Umweltexposition. Fallstudien haben gezeigt, dass das Potenzial für die Umweltbelastung gering bis mittel ist, während gleichzeitig hervorgehoben wird, dass eine Verallgemeinerung solcher Befunde nicht möglich ist [1, 6-11].

 

Die aktuelle Datenlage erlaubt bisher keine allgemeinen Aussagen über die Umweltexposition und die Risiken, die von Nanomaterialien in Abfällen ausgehen könnten. Es bestehen Wissenslücken für unterschiedliche Teile und Aspekte des Abfallmanagement-Systems, beispielsweise bei der Erfassung von Art und Menge von nano-haltigen Abfallströmen, bei der Abschätzung der Nanomaterial-Freisetzung aus Deponien und während des Recyclingbetriebes, sowie über das Schicksal von Nanomaterialien bei der Müllverbrennung.


Literatur

  1. Boldrin, A et al. (2014), J Nanopart Res, 16: 2394.
  2. Heggelund, L et al. (2016), Waste Manag, 56 584-592.
  3. ITA Nanotrust Dossiers (08/2014). „Nano-Abfall“: Produkte mit Nanomaterialien am Ende ihres Lebenszyklus. NanoTrust-Dossier Nr. 040, August 2014. ISSN: 1998-7293. (PDF, 1.3 MB)
  4. Caballero-Guzman, A et al. (2015), Waste Manag, 36: 33-43.
  5. Keller, AA et al. (2013), J Nanopart Res 15(6): 1692.
  6. Umweltbundesamt (Jan 2016). Untersuchung möglicher Umweltauswirkungen bei der Entsorgung nanomaterialhaltiger Abfälle in Abfallbehandlungsanlagen. Texte 37/2016; Forschungskennzahl 3712 33 327, UBA-FB 002332. (PDF, 8.9 MB)
  7. Walser, T et al. (2014), J Clean Prod 80 241-251.
  8. Andersen et al. (2014). Environmental Project No. 1608, Environmental Protection Agency, Danish Ministry of the Environment, Copenhagen, Denmark, 2014.
  9. Nanoinformation.at (DE): „Nano-Abfall“ – Nano-Produkte am Ende ihrer Lebensdauer (Stand letzter Zugang: 08/2017)
  10. Part, F. et al. (2015), Waste Man. 43:407-420.
  11. Schweizer Bundesamt für Umwelt (BAFU): Nanoabfälle (Stand letzter Zugang: 08/2017)
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