Bestäubende Insekten wie Bienen und Hummeln können durch Aerosole, durch Pollen verunreinigter Pflanzen oder durch Wasser mit Nanomaterialien in Kontakt kommen. Weiterhin gibt es die Möglichkeit, dass Bienen von Imkern direkt Nanomaterialien ausgesetzt sind. Es besteht die Sorge, dass bestäubende Insekten aufgrund der Exposition gegenüber Nanomaterialien gefährdet sind.
Rückgang der bestäubenden Insekten
Bestäuber sind eine vielfältige Gruppe von Tieren, die Kultur- und Wildpflanzen bestäuben. Beim Großteil handelt es sich um Insekten wie Bienen, Hummeln, Fliegen, Wespen, Schmetterlinge, Motten, Käfer, Rüsselkäfer, Ameisen und Mücken. Die wichtigste bestäubende Insektengruppe sind die Bienen. Wirbeltiere wie Fledermäuse, Vögel, Affen, Beuteltiere, Nagetiere und Reptilien sind wichtige Bestäuber bestimmter Blütenpflanzen in den Tropen und Subtropen, spielen aber in Europa nur eine untergeordnete Rolle. Bestäuber sind von grundlegender Bedeutung für die biologische Vielfalt und für die landwirtschaftliche Produktivität. Die Zerstörung von natürlichen Lebensräumen, der Rückgang von Blütenpflanzen und der verstärkte Einsatz von Pestiziden führen jedoch zu einem Rückgang ihrer Häufigkeit und Vielfalt [1-4].
Das öffentliche Bewusstsein, dass der Rückgang von Vielfalt und Häufigkeit ein ernstes Problem darstellt, hat zugenommen. Die öffentliche Aufmerksamkeit liegt dabei aber hauptsächlich auf dem Rückgang der Honigbienenvölker. Der dramatische Rückgang des Auftretens und der Vielfalt aller Arten von Wildbestäubern, einschließlich Wildbienen, Schwebfliegen, Schmetterlingen und Motten, stellt jedoch ein noch ernsthafteres Problem dar (STEP-Projekt; Rote Liste)[13]. Die Europäische Kommission hat eine aktive Rolle bei der Bekämpfung des Bestäuber-Rückganges und die erste EU-Initiative zu Bestäubern gestartet. Die Initiative legt strategische Ziele und Maßnahmen fest, die die EU-Mitgliedstaaten ergreifen müssen, um den Rückgang der Bestäuber in der EU anzugehen und zu globalen Erhaltungsmaßnahmen beizutragen. Neben der Exposition zu verschiedenen Chemikalien könnte auch die zunehmende Verwendung und Freisetzung von Nanomaterialien eine Rolle bei der Abnahme von bestäubenden Insekten spielen.
Exposition gegenüber Nanomaterialien
Nanomaterialien können gezielt in Form von Pflanzenschutzmitteln (Nanopestizide), Düngemitteln (Nano-Düngemitteln) sowie Sanierungsmitteln in Luft, Gewässer und Böden freigesetzt werden (vgl. Grundlagen – „Wie werden innovative Materialien (z. B. Nanomaterialien) nach ihrer Freisetzung transportiert?“). Somit können bestäubende Insekten hauptsächlich während der Nahrungssuche über kontaminierte Pollen mit Nanomaterialien in Kontakt kommen. Nanomaterialien erreichen die Pollen direkt durch Ablagerung aus der Luft und durch Ablagerung von Wassertröpfchen. Indirekt können Nanomaterialien aber auch aus kontaminiertem Boden über die Wurzeln in die Pollen gelangen. Ebenso können Honigbienen direkt in den Bienenstöcken mit nanomaterialhaltigen Produkten in Kontakt kommen. Es gibt Überlegungen, Silbernanopartikel gegen die Honigbienenerkrankung Nosemose einzusetzen [5, 6].
Derzeit liegen allerdings keine Daten zu den realistischen Konzentrationen von Nanomaterialien in Pollen vor. Daher ist es nicht möglich abzuschätzen, wie vielen Nanomaterialien bestäubende Insekten tatsächlich ausgesetzt sind. Ein Grund für das Fehlen solcher Daten sind analytische Einschränkungen beim Nanomaterialien in der Umwelt.
Auswirkungen von Nanomaterialien auf bestäubende Insekten
Nanomaterialien in Nanopestiziden zeigten eine gute Wirksamkeit gegen schädliche Insekten wie Mücken und Schmeißfliegen. Daher wird angenommen, dass sie auch für nicht-schädliche, bestäubende Insekten giftig sein könnten. Darüber hinaus ist bekannt, dass einige Nanomaterialien einen negativen Einfluss auf vom Menschen gehaltene bestäubende Insekten wie Honigbiene und Hummel haben können. Für Honigbienen waren über die Nahrung verabreichte Titandioxid und Industrieruß Nanopartikel nicht schädlich. Hingegen riefen ähnliche Konzentrationen an Zinkoxid Nanopartikeln sowie deutlich niedrigere Konzentrationen an Cerdioxid Nanopartikeln Schädigungen hervor, ebenso wie Silbernanopartikel. In Hummeln und Fruchtfliegen bewirkten Nanomaterialien ebenfalls Schädigungen. Keine dieser Studien wurde jedoch unter umweltrelevanten Bedingungen durchgeführt, einschließlich realistischen Umweltkonzentrationen und Fütterungsart (Fütterung über Pollen, Bienenstock). Sie sind daher von begrenzter Aussagekraft [6-12].
Es wurde festgestellt, dass bestäubende Insekten mit Nanomaterialien in Kontakt kommen können. Laboruntersuchungen lassen vermuten, dass Nanomaterialien schädliche Auswirkungen auf bestäubende Insekten haben können. Daten zu umweltrelevanten Expositionskonzentrationen fehlen jedoch, daher ist das realistische Risiko derzeit schwer abschätzbar. Der Fortschritt der analytischen Techniken zum Nachweis von Nanomaterialien in komplexen Substanzen, wie Pollen oder Honig, wird eine genauere Einschätzung der Exposition und damit des Risikos ermöglichen.
Literatur
- Sánchez-Bayo, F et al. (2019), Biol Conserv, 232 8-27.
- IPBES (2016). The assessment report of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services on pollinators, pollination and food production. S.G. Potts, V. L. Imperatriz-Fonseca, and H. T. Ngo, (eds). Secretariat of the Intergovernmental Science-Policy Platform on Biodiversity and Ecosystem Services, Bonn, Germany. 552 pages, ISBN No: 978-92-807-3567-3. (PDF, 27 MB)
- Underwood, E. et al.(2017) Pollinator initiatives in EU Member States: Success factors and gaps. Report for European Commission under contract for provision of technical support related to Target 2 of the EU Biodiversity Strategy to 2020 – maintaining and restoring ecosystems and their services ENV.B.2/SER/2016/0018. Institute for European Environmental Policy, Brussels. (PDF, 965 KB)
- Ollerton, J et al. (2014), Science, 346(6215): 1360-1362.
- Gogos, A et al. (2012), J Agric Food Chem, 60(39): 9781-9792.
- Grzegorz, B et al. (2013), Med Weter, 69(12): 730-732.
- Benelli, G et al. (2018), Environ Sci Poll Res, 25(11): 10184-10206.
- Jemec, A et al. (2016), Acta Biol Slov, 59 45-55.
- Milivojević, T et al. (2015), Chemosphere, 120 547-554.
- Kos, M et al. (2017), Environ Sci-Nano, 4(12): 2297-2310.
- Mommaerts, V et al. (2012), Nanotoxicology, 6(5): 554-561.
- Alaraby, M et al. (2016), J Toxicol Environ Health B, 19(2): 65-104.
- Step-Projekt Datenblatt. Bestäuber fördern die landwirtschaftliche Produktivität (Stand letzter Zugang: 11/2018) (PDF, 7.3 MB)