Nanopartikel in Farben

FarbPigmente aus Indien © PicciaNeri / fotolia.comen werden hier als Flüssigkeiten betrachtet, die zum Schutz, zur Versiegelung oder Färbung auf eine feste Oberfläche aufgetragen werden. Wichtiger Bestandteil hierfür sind Farbpigmente, die meist als kleine Partikel enthalten sind. Heutzutage können Nanomaterialien die Eigenschaften von Farben verbessern und neue Funktionalitäten schaffen. Einige solcher Produkte sind bereits auf dem Markt. Aktuelle Studien haben sich mit den Vorteilen und Risiken von Nanomaterialien in Farben beschäftigt, um potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen, zu vermeiden und damit den Nutzen zu verbessern.

Farben sind komplexe Gemische verschiedenster Substanzen wie Pigmente, Harze/Bindemittel, Lösemittel und Zusatzstoffe. Eingesetzt werden sie unter anderem an Wänden (innen), Fassaden (außen), Fahrzeugen und Möbeln. In Abhängigkeit von der Art der Oberfläche, z.B. Beton, Ziegel, Stein, Holz, Metall oder Glas, werden sie für ganz bestimmte Anforderungen entwickelt: dekoratives Aussehen, Schutz gegen UV-Strahlung, Feuchtigkeit/Wasser, Mikroorganismen, zum Brandschutz oder zur Wärmedämmung. Wasser- und ölbasierte Farben besitzen zusätzliche Funktionen für die individuellen Verbraucherwünsche. Nanomaterialien erzeugen hierbei verbesserte Eigenschaften wie wasser-/schmutzabweisende Oberflächen („easy to clean“), UV-Schutz, antimikrobielle Resistenz, Kratzfestigkeit oder auch eine verlängerte Lebensdauer der Farbpigmente.

Nanomaterialien in Farben

Nanomaterialien sollen aufgrund ihrer spezifischen strukturellen Eigenschaften wie Größe, Form und größere Oberfläche die vorhandenen Eigenschaften von Farben verbessern [1].

Potenzielle Vorteile von Nanomaterialien in Farben (c) Empa
Potenzielle Vorteile von Nanomaterialien in Farben (c) Empa

 

Die derzeit meist genutzten Nanomaterialien für die Lack- und Farbindustrie sind nanoskaliges Titandioxid und Siliziumdioxid; aber Silber, Zinkoxid, Aluminiumoxid, Cerdioxid, Kupferoxid und Magnesiumoxid werden ebenfalls für eine mögliche Nutzung untersucht. Die Tabelle gibt einen Überblick zu den möglichen Vorteilen durch die Einbindung von Nanomaterialien in Farben [2].

Je nach Art der Farbe und der gewünschten Funktionalität werden die Nanomaterialien entweder als freies Pulver, als Granulat oder in Form stabilisierter Teilchen in einer Suspension / Dispersion verarbeitet. Meist werden die Nanomaterialien dafür in ein Vorgemisch (sogenannter Masterbatch) eingearbeitet, so dass das Nanomaterial fest in der Farbmatrix verankert wird.

Andere Farben oder Produkte besitzen eine nanostrukturierte Oberfläche oder enthalten nanoporöse Materialien oder vorübergehend nanostrukturierte Partikel, wie sie bei Wasserglas während der Trocknung der Farbe erzeugt werden. Da die zugehörigen Endprodukte keinerlei Nanomaterial im eigentlichen Sinne enthalten, stellen sie kein nanospezifisches Risiko für den Menschen oder die Umwelt dar [3].

Auswirkungen von Nanomaterialien in Farben

Nanoskaliges Titandioxid wird aufgrund der zwei wichtigen Eigenschaften, (i) der photokatalytischen Aktivität und (ii) des UV-Schutzes in Farben verwendet.

Mit der Kombination aus photokatalytischem Effekt und wasserabstoßenden Eigenschaften ergibt sich eine „selbstreinigende Farbe“. Wasser und Schmutz haften nicht mehr auf der Oberfläche, so dass diese seltener gereinigt werden muss. Allerdings führt die Verwendung von photokatalytisch-aktiven Titandioxid Nanopartikeln in Fassadenfarben erwiesenermaßen zum Abbau des Bindemittels durch UV-Bestrahlung, weshalb der Rutil-Typ in organischen Fassadenbeschichtungen für den UV-Schutz bevorzugt wird [4]. Eine „Weiß-Färbung“ kann nur mikrometer-großes und nicht durch nanoskaliges Titandioxid erzielt werden.

Siliziumdioxid Nanopartikel erhöhen in Farben die Makro- und Mikrohärte und verbessern deren Abnutzungs-, Kratz- und Witterungsbeständigkeit. Werden sie zu Polymerharzen hinzugemischt, ergeben sich Farben mit hervorragenden Abriebeigenschaften, wobei sich gleichzeitig aber auch die Elastizität der Farbe verringert. Diese ist notwendig, um die Ausdehnung und das Schrumpfen im Zusammenhang mit Temperatur- und Feuchtigkeitsänderungen auszugleichen [5,6].

Silber Nanopartikel verleihen Anstrichfarben und dadurch den späteren Oberflächen einen Schutz gegen Bakterien und andere Keime [7]. Im Gegensatz zu Innenfarben scheint jedoch die anti-mikrobielle Wirksamkeit des Nanosilbers in Außenanstrichen nicht ausreichend zu sein. In Abhängigkeit von den Umweltbedingungen (Luftfeuchte, Regen, Hitze und Kälte) sind Silber Nanopartikel sowie Titandioxid Nanopartikel erwiesenermaßen nicht in der Lage, das Mikroben- und Algenwachstum auf Testsubstraten vollständig zu verhindern[5,8]. Außerdem schützen sie weniger vor einer möglichen Pilzbesiedelung.

Freisetzungsverhalten und Lebenszyklus von Nanofarben

Aktuelle Projekte wie NanoHouse haben die Chancen und Risiken einer Zugabe von Nanomaterialien in Farben mit dem Schwerpunkt auf Fassadenfarben (außen) untersucht. Das Augenmerk dieser Studie lag auf einer möglichen Freisetzung von Nanomaterialien aus den Farben direkt in die Umwelt über den gesamten Lebenszyklus (d.h. Produktion, Nutzung und Abfall).

Lebenszyklus von Nanomaterialien in Farben
Lebenszyklus von Nanomaterialien in Farben © mit Genehmigung des NanoHouse Projektes verwendet / www.empa.ch/nanohouse.

 

Nach Experimenten zu Abrieb, Verwitterung & Versickerung wurden keine der analysierten Nanomaterialien in signifikanten Mengen in die Luft freigesetzt und nur in sehr geringen Mengen konnten Titandioxid und Siliziumdioxid im Wasser nachgewiesen werden. Nach der Verbrennung von farbhaltigem Schutt wurden die Nanomaterialien (Titandioxid, Siliziumdioxid und Silber) nur in der Asche gefunden.

In Kurzzeitversuchen zeigten die untersuchten Farben mit Nanomaterialien eine ähnliche Toxizität wie herkömmliche Fassadenfarben, aber die Durchführung von Langzeitversuchen wurde empfohlen.

NanoHouse hat auch eine Ökobilanz (Lebenszyklusanalyse, LCA) zur Bewertung erstellt, ob die Verwendung von Nanomaterialien in Farben von Vorteil für die Umwelt sein könnte.

Ob tatsächlich ein Vorteil für die Umwelt besteht, hängt im Wesentlichen von der Zusammensetzung und den Eigenschaften der Nanofarbe ab. Ein höherer Umweltnutzen kann daher nicht verallgemeinert werden. Zusätzlich hat die Herstellung der Nanomaterialien bzw. der Nanofarbe einen erheblichen Einfluss auf diese Bewertung. Die Verlängerung der Standzeit eines Fassadenanstrichs durch Zugabe von Nanomaterialien in der Formulierung der Farbe ist eine potenzielle Chance, welche den höheren Produktionsaufwand der Nanofarbe im Vergleich zu einer herkömmlichen Farbe ausgleichen könnte [3].

Das NanoHouse Projekt hat die folgenden Schwachstellen für eine unbeabsichtigte Freisetzung und Exposition gegenüber Nanomaterialien identifiziert [2]:

  1. Freisetzung während der Herstellung, Erneuerung oder Wiederverwertung von Baustoffen mit Nanomaterialien
  2. «Nanoabfälle» aus der Herstellung von Nanomaterialien, aus der Zugabe von Nanomaterialien zu Farben und dem Einsatz solcher Farben
  3. Entsorgung von Industrieabfällen und Rückständen aus Müllverbrennungsanlagen in Deponien
Bei der Verwendung von Nanofarben empfiehlt es sich aus Gründen der Arbeitsplatzsicherheit, die Staubbildung insbesondere während der Herstellung, des Unterhalts und beim Recycling zu vermeiden. Ebenso wichtig ist es, ein Gesamtkonzept für den Gebrauch von Nanomaterialien in Farben aufzustellen, um einerseits die Vorteile in der Anwendung zu nutzen und andererseits frühzeitig durch entsprechende Maßnahmen eine mögliche Gefährdung von Umwelt und Gesundheit durch die Freisetzung und biologischen Effekte von Nanomaterialien zu minimieren (Safe-by-Design-Konzept).


Literatur

  1. Van Broekhuizen F.A. et al. (2009). FIEC-EFBWW Report 2009: Nanotechnology in the European Construction Industry – State of the art 2009.
  2. Som C. et al. (2013). NanoHouse – Life cycle of nanoparticle-based façade coatings (Stand letzter Zugang: Sept 2015)
  3. Som C. et al. (2014). LICARA Guidelines for the sustainable competitiveness of nanoproducts, Duebendorf, St. Gallen, Zeist, 2014. (Stand letzter Zugang: Sept 2015)
  4. Marolt, T et al. (2011), Surf Coat Tech, 206(6): 1355-1361.
  5. Kunniger, T et al. (2014), Environ Pollut, 184 464-471.
  6. Zhou, SX et al. (2002), Prog Org Coat, 45(1): 33-42.
  7. Kumar, S et al. (2011), J Coat Technol Res, 8(2): 223-228.
  8. Graziani, L et al. (2013), Build Environ, 64 38-45.
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