Die Textilindustrie als eine der wichtigsten Branchen für Konsumgüter weltweit produziert Textilien für Kleidung, Haushaltswaren, Heimtextilien oder auch technische Anwendungen. Wie bei anderen chemischen Prozessen und Technologien werden auch hier Nanomaterialien eingesetzt, um verschiedene Funktionalitäten der Textilien zu verbessern oder neu hinzuzufügen. Neue Inhaltsstoffe könnten aber auch negative Auswirkungen auf die Menschen oder die Umwelt haben, die sich aber über eine passende Auswahl der Nanomaterialien und deren sorgfältige Integration in das Gewebe vermeiden lassen sollen.
Fasern und Textilien
Textilien werden z.B. durch Stricken, Häkeln oder Knüpfen hergestellt. Eingesetzt werden sie in vielen verschiedenen Bereichen, z.B. in Bekleidung, Heimtextilien (z.B. Bett- und Tischwäsche, Küchen- und Reinigungstücher), Möbeltextilien (z.B. Vorhänge, Möbelstoffe, Bodenbeläge) oder in technischen Textilien (z.B. Schutzkleidung, Autositzabdeckungen, Planen, Reifengewebe, Filtermaterialien, Geotextilien) [1].
Textilien werden aus Fasern hergestellt, die technisch als lange und sehr dünne Objekte mit einer „Länge des mindestens 100-fachen ihres eigenen Durchmessers definiert werden. Sie haben eine flexible Struktur von langkettigen Molekülen mit einer bestimmten Vorzugsrichtung und einem Durchmesser von 10 – 200 Mikrometer“[2,3].
Chemische Einflüsse können die Eigenschaften eines Textils ändern (z.B. durch Färbung), verbessern oder sogar neue Funktionalitäten durch neue Technologien und Prozesse hinzufügen (z.B. Nanotechnologie und Nanomaterialien). Ein interessantes Forschungsthema sind aktuell intelligente Textilien (engl. smart textiles), die beispielsweise mit Elektronik und sensorische Fasern für die unterschiedlichsten Zwecke ausgestattet werden.
Einsatz von Nanomaterialien in Textilien
Nanomaterialien werden entweder zur Verbesserung der bestehenden Eigenschaften oder für völlig neue Funktionalitäten in die Textilien eingearbeitet. So werden Textilien schmutz- und wasserabweisend, atmungsaktiv, sie schützen vor UV-Licht, können leitfähig und antistatisch ausgerüstet werden, weisen eine erhöhte Verschleiß- und Knitterbeständigkeit oder Unempfindlichkeit gegen Flecken auf, oder reduzieren den Befall durch Bakterien oder Pilze [4,5]. Die Tabelle zeigt eine Übersicht der möglichen Funktionsvorteile durch den Einbau bestimmter Nanomaterialien in Textilien.
Nanomaterialien können entweder während der Faserherstellung oder während der Fertigung der Textilien hinzugefügt werden, d.h. sie werden unmittelbar auf die Faseroberfläche aufgetragen oder in Faserbeschichtungen (z.B. Polymere) eingearbeitet. Sie können als Einzelpartikel oder als agglomerierte (schwach gebunden) oder aggregierte (stark gebunden) Nanopartikelklümpchen von verschiedener Größe und Form oder aber auch als Teil einer Beschichtung aufgebracht werden. Über das Einbringen von Nano-Poren in die Struktur des Textils lassen sich auch Nanotextilien ohne Nanomaterialien herstellen [7].
Anwendungen von Nanomaterialien in Textilien
Nanoskaliges Titandioxid wird derzeit in Textilien zum UV-Schutz eingesetzt. Über die Kombination von Nano-Titandioxid mit Nanosilber wird derzeit versucht, eine zusätzliche antibakterielle Wirkung zu erzielen, wodurch neben einer Reduzierung der Mikroorganismen auch der Abbau organischer Schadstoffe und die Neutralisierung schlechter Gerüche erzielt werden soll. Nach der zuverlässigen und stabilen Integration der Nanomaterialien in die Gewebe werden diese als „selbstreinigende“ Stoffe/Textilien in den Handel gebracht [8].
Siliziumdioxid Nanopartikel in Beschichtungen von Textilien verbessern die Abriebfestigkeit der Fasern. Weiterhin erleichtert nanoskaliges Siliziumdioxid die Einarbeitung von Wirkstoffen in die Fasern und ermöglicht so im Anschluss deren kontrollierte Freisetzung. Beschichtungen mit funktionalisierten Siliziumdioxid-Nanopartikeln, die auf ihrer Oberfläche mit hydrophoben Eigenschaften versehen wurden, machen z.B. Baumwoll-Oberflächen wasserabweisend [8].
Silber wird in Textilien in Form von Silbersalzen (z.B. Silberchlorid), als Nanopartikel oder in nanoskaligen Beschichtungen auf die Oberfläche der Fasern aufgebracht. Es reduziert das Wachstum von Bakterien auf den Textilien durch die Abgabe von Silber Ionen, die dann auf der Faseroberfläche wirksam sind (z.B. in Bekleidung, im Haushalt oder auf Möbeln). Im Vergleich zu herkömmlichen Silber-haltigen Textilien werden bei Textilien mit Nanosilber in der Regel wesentlich geringere Mengen an Silber bei gleicher antimikrobieller Wirkung eingesetzt. Es sind allerdings auch Fälle bekannt, bei denen trotz Werbung mit „Nanosilber“ im Textil kein Silber mit den gegenwärtigen analytischen Techniken nachgewiesen werden konnte [8,9,10].
Zinkoxid Nanopartikel und -Nanostäbchen werden derzeit auch für den Einsatz in Textilien wegen ihrer antibakteriellen Aktivität und für den UV-Schutz untersucht. Extrem wasserabweisende Textilien aus Baumwollstoff lassen sich durch eine Beschichtung mit Zinkoxid Nanostäbchen herstellen („Superhydrophobie“). Utopisch mutet an, dass sich mit Zinkoxid-Nanofäden im Textil Elektrizität generieren lässt, welche durch das Aneinander-Reiben der Nanofäden bei Bewegungen des Textils entstehen soll [8].
Kohlenstoff-Nanoröhrchen (CNTs) verleihen Textilien und Fasern flammhemmenden Eigenschaften, erzeugen eine elektrische Leitfähigkeit und verbessern die Wärmeleitung in den Textilien [8].
Bedeutung von Nano-verstärkten Textilien für Mensch & Umwelt
Beim Waschen von Nano-verstärkten Textilien wird der größte Teil der eingebrachten Nanomaterialien freigesetzt, wobei die Menge stark davon abhängt, wie stabil die Nanomaterialien in die Textilien integriert wurden [11,12,13]. Üblicherweise werden über das Abwasser die darin enthaltenen Nanomaterialien zur Kläranlage transportiert. Dort werden sie entweder aus dem Wasser beseitigt und landen im Klärschlamm oder gelangen im Falle einer unvollständigen Entfernung auch in die nachfolgenden Gewässer [5]. Bestätigt wird dieses Verhalten auch durch die Ergebnisse des deutschen Projekts UMSICHT, welches von 2010 – 2013 die Freisetzung, das Verhalten, sowie die Umweltauswirkungen von Nanosilber aus Textilien untersucht hatte. Im Vergleich zeigten konventionelle Textilien, die mit „nicht-nano“ Silber ausgerüstet waren, in etwa die gleiche oder eine wesentlich erhöhte Neigung zur Freisetzung von Silbernanopartikeln beim Waschen als mit Nanosilber behandelte Textilien [12].
Die Freisetzung von Nanomaterialien aus Textilien in den menschlichen Schweiß ist ein möglicher Expositionsweg für den Menschen gegenüber Nanomaterialien. Allerdings hat eine Modellstudie festgestellt, dass die dermale Exposition von z.B. Nano-Titandioxid aus Textilien nur eine unbedeutende Rolle in der Gesamtexposition des Menschen spielt. Darüber hinaus setzen Textilien mit Nanosilber meist Silberionen frei und geben nur in geringem Maße partikuläres Silber ab.
Das bedeutet, dass Nanotextilien keine zusätzliche Gefährdung im Vergleich zu herkömmlichen Silbertextilien darstellen, aber es grundsätzlich ein möglicher Weg für den Kontakt des Menschen mit (Nano)-Silber ist [14,10,15].
Das Schweizer Projekt NanoSafe Textiles hat die Trends der aktuellen und zukünftigen Anwendungen von synthetischen Nanopartikeln in Textilien beurteilt und deren Chancen und Risiken für die Umwelt und den Menschen bewertet. Die vom Projekt generierten Leitfäden und Empfehlungen unterstützen die Textilindustrie bei der Identifizierung von nachhaltigen Wegen, um sichere Nano-verstärkte Textilien zu produzieren. Damit können mögliche Freisetzungen von Nanopartikeln aus den Textilien in die Umwelt vermieden und mögliche Fehlinvestitionen minimiert werden [6,5,11,9].
Allerdings kann in Textilien der Ersatz herkömmlicher Materialien durch Nanomaterialien auch dazu beitragen, umwelt- und gesundheitsbezogene Auswirkungen sowie Umweltbelastungen zu verringern. Denn es wird deutlich weniger Material benötigt, um die gleichen oder bessere Eigenschaften zu erreichen. Außerdem kann die Waschfrequenz der verbesserten Textilien reduziert werden, so dass weniger Energie und weniger Wasser verbraucht wird [16].
Nanotextilien bieten viele nützliche Vorteile für den Verbraucher, welche allerdings sehr sorgfältig mit den potenziellen Risiken abgewogen werden sollten. Wichtig hierfür ist nicht nur die Betrachtung der Produkte über ihren gesamten Lebenszyklus, sondern auch der Vergleich mit herkömmlichen Produkten, um letztlich sichere und nachhaltige Nanotextilien herzustellen.
Literatur
- Umweltbundesamt (19. April 2013). DATENBLATT NANOPRODUKTE – Einsatz von Nanomaterialien in Textilien. (PDF, 218 KB)
- The George Washington University Museum – The Textile Museum. (Stand letzter Zugang: 06/2015)
- Bittner, Elizabeth (2004). Basic Textile Care: Structure, Storage and Display. The Cochineal, University of Texas. (PDF, 306 KB)
- Byko, M. (2005). From Electric Corsets to Self-Cleaning Pants: The Materials Science and Engineering of Textiles. JOM (ISSN 1047-4838), Vol 57, No. 7, pp. 14-18.
- Som, C et al. (2011), Environ Int, 37(6): 1131-1142.
- Empa & TSV Textilverband Schweiz (2011). Nano textiles – Grundlagen und Leitprinzipien zur effizienten Entwicklung nachhaltiger Nanomaterialien, Ausgabe September 2011. (PDF, 3041 KB)
- Empa.ch (EN): NanoSafe Textiles (Stand letzter Zugang: 06/2015)
- Som, C et al. (19. März 2010). Nanomaterialien in Textilien: Umwelt-, Gesundheits- und Sicherheits-Aspekte, Fokus: synthetische Nanopartikel. Empa und TVS Textilverband Schweiz, St. Gallen 2010. (PDF, 1.3 MB)
- Windler, L et al. (2013), Environ Int, 53 62-73.
- Nowack, B. (2014). Emissions from Consumer Products Containing Engineered Nanomaterials over Their Life Cycle. Chapter 15. IN Safety of Nanomaterials along Their Lifecycle: Release, Exposure, and Human Hazards. Taylor & Francis Inc, CRC Press. ISBN: 9781466567863.
- Som, C et al. (5. Januar 2009). Integration von Nanopartikeln in Textilien Abschätzungen zur Stabilität entlang des textilen Lebenszyklus. Empa und TVS Textilverband Schweiz, St. Gallen 2009. (PDF, 812 KB)
- Mitrano, DM et al. (2014), ACS Nano, 8(7): 7208-7219.
- Lombi, E et al. (2014), Chemosphere, 111 352-358.
- Von Goetz, N et al. (2013), Environ Sci Technol, 47(17): 9979-9987.
- Quadros, ME et al. (2013), Environ Sci Technol, 47(15): 8894-8901.
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